Gudrun Heyens

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Prof.Gudrun Heyens
Lutherstrasse 11
47058 Duisburg
Tel.: 0203-3460876
mail: gheyens@yahoo.de






























  
 
Aus:
Die andere Katharina

»Heinrich, nein! Du denkst doch wohl nicht daran, die Hühner reinzuholen?«
Heinrich gibt keine Antwort, schiebt stattdessen mit dem Fuß die alte Wolldecke beiseite, die den kalten Durchzug von der Haustür her verhindern soll, und verschwindet im Flur. Jetzt ist sie sich sicher, er wird die große, mit Heu befüllte Kiste raufholen und neben den Herd stellen. Käthe zieht ihre dicke Wolljacke enger um sich. Wie es aussieht, scheint er Absprachen für unnötig zu erachten, als wäre mit der Übergabe der Schlüsselgewalt an sie bereits alles Menschen- mögliche für die Gleichbehandlung der Frau getan. Das sieht Emilie bestimmt ganz anders. Keinesfalls wird sie diese Gedanken in einem schwachen Moment ihrer rebellischen Jüngsten anvertrauen und damit eine Lawine von zwingenden Veränderungsmaßnahmen los- treten, unter der sie selbst als Allererste begraben sein wird.

 




Aber das Thema Mitspracherecht hat sich plötzlich in ihrem Kopf eingebrannt, zugleich erscheint es ihr unmöglich, es in Situationen, die ihr dafür geeignet sein könnten, anzusprechen, etwa bei Tisch oder abends, gemütlich, bei Radiomusik. Heinrich wäre von einem Moment auf den anderen undurchdringlich wie eine Trutzburg. Es muss andere Wege geben. Zum Beispiel Machtanwendung wie die unerwartete Beendigung des Abendessens, bevor es überhaupt begonnen hat. Ihr, Käthe, der man kein Wort gönnt, als wäre sie nicht mehr als ein dienstbarer Geist, wird es leichtfallen, ihren allabendlichen Becher Malzkaffee die Treppe hoch nach oben zu tragen und in Trudes kleiner Küche zu trinken, wo es auch noch wärmer ist als unten.
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